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Akteur*innen & Projekte/Interviews

„Hier kann die Geschichte auf einer abstrakten Ebene thematisiert werden.“

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„Hier kann die Geschichte auf einer abstrakten Ebene thematisiert werden.“

Sonja Hugi lebt und arbeitet als Illustratorin, Graphikerin und Historikerin in Berlin. Gegenwärtig arbeitet sie an ihrer ersten Graphic Novel, die sie der Geschichte der Colonia Dignidad widmet. Im Interview erzählt sie von den Chancen, die das Graphic Novel-Format für die Geschichtsvermittlung mitbringt. Sie berichtet aber auch von der Skepsis, die diesem vermeintlich neuen Format in Deutschland immer noch anhaftet. Außerdem gibt sie einen Einblick in ihre ersten Entwürfe.

Sonja Hugi im Interview über ihre Graphic Novel zur Geschichte der Colonia Dignidad

Meike Dreckmann: Sonja, erkläre doch mal kurz, was eigentlich eine Graphic Novel ist.

Sonja Hugi: Graphic Novel bedeutet grafischer Roman und das beschreibt es eigentlich ganz gut. Eine Graphic Novel ist eine gezeichnete Geschichte – in der Regel mit Text ergänzt. Man könnte das Genre auch als „erwachsenen“ Bruder des Comics bezeichnen. Über die genaue Abgrenzung herrscht aber Uneinigkeit, die Form kann ganz unterschiedlich sein und es gibt eine Menge Subgenres. Manche Graphic Novels haben einen dokumentarischen Charakter, andere lassen sich eher dem Bereich Fantasy zuordnen. In letzter Zeit gab es auch immer mehr Roman-Adaptionen. Das finde ich aber eigentlich schade, denn dann ist eine Graphic Novel nur eine Übersetzung eines Romans und nutzt nicht unbedingt das eigene schöpferische Potential des Formats.

MD: Und worum geht es in deiner Graphic Novel?

SH: Ich möchte die Geschichte der Colonia Dignidad erzählen. Ich greife dabei auf Zeitzeug*innenaussagen aus autobiografischen Quellen und Interviews als Grundlage zurück. Die Graphic Novel beruht also auf Erinnerungen und ist nicht frei erfunden. Dennoch werden fiktive Protagonist*innen erzählen und die Erinnerungen von verschiedenen Zeitzeug*innen werden zu neuen Geschichten verschmolzen. Es ist mir dabei wichtig, dass es in der Graphic Novel eine gewisse Mehrstimmigkeit und Multiperspektivität gibt. Ich maße mir nicht, an DIE Geschichte der Colonia Dignidad zu erzählen. Ich möchte sichtbar machen, dass es immer sehr unterschiedliche Motive, Perspektiven, Einschätzungen und Erinnerungen gibt und dass sich die „Wahrheit“ irgendwo dazwischen findet.

Die freie Form der Zeichnung ermöglicht eine Auseinandersetzung mit den grundlegenden Fragen dieser Geschichte ohne Beschönigung und ohne Überwältigung.

MD: Warum eignet sich das Thema Colonia Dignidad deiner Meinung nach für eine Graphic Novel?

SH: Zwei verschiedene Gründe waren ausschlaggebend für die Entscheidung eine Graphic Novel über die Colonia Dignidad zu machen: Zum einen bietet das Thema Raum zur Auseinandersetzung mit grundlegenden, über den Fall Colonia Dignidad hinausgehenden Fragen. Ich komme aus der historisch-politischen Bildungsarbeit, mich interessiert, wie man politische Ereignisse und Geschichte im Allgemeinen begreif- und vermittelbar machen kann. Die Colonia Dignidad hat funktioniert wie eine totalitäre Diktatur. Man kann durch die Betrachtung dieser Geschichte „im Kleinen“ sichtbar machen, welche Mechanismen und Strukturen den Aufbau und Erhalt eines solchen Systems ermöglichen.

Der andere Grund ist, dass die Geschichte der Colonia Dignidad aufgearbeitet und erzählt werden muss. Aber wie redet man über Dinge die so grausam und brutal sind wie die Ereignisse, die sich in dieser Gemeinschaft abgespielt haben? Man kann darüber schreiben oder einen Film drehen. Bei diesen Formaten ist die Gefahr allerdings groß, dass die Rezipient*innen durch das explizite Darstellen von Gewalt überwältigt werden oder dass Dinge weggelassen und beschönigt werden, um den Schockeffekt zu umgehen. Da die Graphic Novel nicht an realistische Darstellungsformen gebunden ist, können Dinge hier auf einer abstrakten Ebene thematisiert werden. Die freie Form der Zeichnung ermöglicht eine Auseinandersetzung mit den grundlegenden Fragen dieser Geschichte ohne Beschönigung und ohne Überwältigung. Für ehemalige Mitglieder der Colonia Dignidad könnte die Graphic Novel eine Hilfe sein, ihren Kindern zu erklären, was mit ihnen geschehen ist.

MD: Kannst du unseren Leser*innen beschreiben, wie du das machst? Also, wie müssen wir uns den künstlerischen Entstehungsprozess vorstellen? Zeichnest du zum Beispiel am Computer oder mit der Hand?

SH: Ich skizziere zuerst mit Bleistift, zeichne dann mit Tusche und bearbeite das Ganze hinterher am PC. Der Prozess ist natürlich ziemlich aufwändig aber ich war immer schon eine eher analoge Person. Ich mag den Geruch von Chinatusche beim Zeichnen und das Gefühl der Feder auf dem Papier. Außerdem wird da manchmal gekleckst und geschmiert und diese Zufälle ergeben neue Bilder. Wenn man direkt am Computer zeichnet, kann man jederzeit einen Schritt zurückgehen. Das ist zwar praktisch aber manchmal geht so auch etwas verloren.

MD: Was sind deine größten Herausforderungen in diesem Projekt?

SH: Die allergrößte Herausforderung ist die Finanzierung. Ich habe einige Förderanträge gestellt, von denen ist bisher einer über eine kleine Summe bewilligt worden. Das Problem ist, dass das Projekt nicht in die klassischen Förderkategorien passt. Da es sich irgendwo zwischen Kunst und Wissenschaft befindet, lässt es sich schwer einordnen. Außerdem ist es meine erste Graphic Novel und viele Stiftungen fördern nur Projekte von Autoren, die bereits veröffentlicht sind. So geht es eben im Moment recht langsam voran, da ich nebenher arbeite.

Einer gewissen Skepsis begegne ich aber schon ab und zu wenn ich von dem Projekt erzähle.

MD: Sonja, wir kennen uns ja aus dem Master-Studium Public History an der FU Berlin. Inwiefern hat denn deine Graphic Novel zum Thema Colonia Dignidad auch etwas mit der Arbeits- und Forschungsdisziplin Public History zu tun?

SH: Also ich würde mal behaupten, dass ich exakt das mache, worum es in unserem Studium ging: Geschichtsvermittlung. Neben Museen, Gedenkstätten und Film ist die Graphic Novel meiner Ansicht nach das wichtigste Medium zur außerschulischen Vermittlung von Geschichte. Ich komme aus der Schweiz, da ist die Graphic Novel schon lange etabliert. Ich habe mich etwa als Teenager durch die Lektüre von Art Spiegelmanns „Maus“ intensiv mit der Geschichte des Holocaust befasst. Auch mit dem Thema HIV bin ich durch eine Graphic Novel erstmals in Berührung gekommen. In Ländern wie Belgien, Frankreich und USA hat das Format ebenfalls einen ganz anderen Status. Ich habe aber den Eindruck, dass man sich in Deutschland langsam öffnet. Ein sehr positives Zeichen war für mich meine Assoziierung mit dem Projekt am Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam (ZZF). Einer gewissen Skepsis begegne ich aber schon ab und zu wenn ich von dem Projekt erzähle. Manche Leute verbinden gezeichnete Bücher einfach mit Superman, Kindheit, Humor. Und dann denken sie natürlich, dass das keine angemessene Art ist, sich mit Geschichten wie der der Colonia Dignidad zu befassen. Ich habe aber vor, meinen Teil dazu beizutragen, diese Menschen von den Möglichkeiten gezeichneter Romane zu überzeugen.

MD: Und zuletzt; dürften interessierte Leser*innen dich kontaktieren? Wenn ja, wie oder wo?

SH: Auf meiner Webseite können sich Interessierte meine Arbeiten anschauen. Dort ist auch eine kleine Vorschau der Graphic Novel zu sehen und meine E-Mail-Adresse, über die ich erreichbar bin.

Sonja Hugi beantwortete mir die Fragen schriftlich via Email.

Akteur*innen & Projekte/Interviews

„Die Colonia Dignidad war ein integraler Bestandteil der chilenischen Diktatur.“

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Ich glaube, du hast mir mal gesagt, dass du lange Zeit Paul Schäfers Feind Nummer 1 warst. Wie kam es dazu?
Ich bin nicht sicher, ob ich die Nr. 1 war. Schäfer und seine direkten Helfer visierten mich auf jeden Fall als Feind an. Jürgen Karwelat und ich schrieben 1976 die Broschüre von Amnesty international „Colonia Dignidad – deutsches Mustergut in Chile, ein Folterlager der DINA“, (Frankfurt am Main 1977), die dann im darauf folgenden Jahr erschien und die Colonia Dignidad  in Bedrängnis brachte. Ich bekam dann auch einen anonymen Drohanruf auf Spanisch.
Wir haben zum ersten Mal miteinander gesprochen, als du am 26. April 2016 als Experte auf dem Podium anlässlich einer Veranstaltung zu der Rolle des Auswärtigen Amtes in der Geschichte der Colonia Dignidad eingeladen warst. In seiner Rede sagte Frank-Walter Steinmeier in der damaligen Funktion als Außenminister „der Umgang mit der Colonia Dignidad ist kein Ruhmesblatt, auch nicht in der Geschichte des Auswärtigen Amtes.“ Er fügte hinzu: „Über viele Jahre hinweg, von den sechziger bis in die achtziger Jahre haben deutsche Diplomaten bestenfalls weggeschaut – jedenfalls eindeutig zu wenig für den Schutz ihrer Landsleute in dieser Kolonie getan.“ Wie war es für dich diese Sätze im Auswärtigen Amt zu hören, nachdem du schon so viele Jahre gegen die Colonia Dignidad gekämpft hattest?
Nun ja, es war keine Überraschung. Ich hatte am Rande etwas mit den Vorbereitungen der Veranstaltung zu tun, und kleine Passagen der Steinmeier-Rede gehen auf mich zurück. Aber es war eine große Genugtuung.
Immer wieder heißt es, dass es nichts Vergleichbares zur Geschichte der Colonia Dignidad gibt. Woran liegt das? Was unterscheidet diese Sektengeschichte deiner Meinung nach von anderen? 
Es geht nicht nur um eine Sekte, sondern um eine Repressionsagentur der Pinochet-Diktatur von großer Wirkung. Bezieht man die interne Sektenstruktur mit ein, erweist sich die Colonia Dignidad als eine nach außen und innen hochrepressive Sklavenhaltergesellschaft, die etwa ein halbes Jahrhundert lang bestand, und dies zu unseren Lebzeiten. Nimmt man zur Systematik und zeitlichen Länge der Repression die Mischung aus Folter, sexuellem Missbrauch, Waffengeschäften usw. dazu, dann gibt es nichts Vergleichbares.
Du plädierst immer wieder dafür, die Colonia Dignidad als historisches System zu begreifen, das über die eigenen Zäune hinausragt(e). Wo machen die meisten Menschen einen Denkfehler, wenn sie sich mit der Colonia Dignidad auseinandersetzen?
Es ist, wie wenn jemand ein Pflaster im Gesicht hat: Man versucht nicht hinzusehen und tut es immer wieder doch. Der Blick richtet sich auf das Dorf innerhalb des Zaunes und auf die deutschen Opfer. Diese Perspektive ist ethnisch eingeengt, enthistorisiert und entpolitisiert. Die Colonia Dignidad war ein integraler Bestandteil der chilenischen Diktatur.
Wie würdest du Paul Schäfer charakterisieren?
Ein machtversessener, genialer Manipulator. Er hat sich selbst ein kleines Reich geschaffen, wo er seine destruktiven Bedürfnisse ungestraft ausleben konnte. Ich weiß bis heute nicht, ob er seine eigenen Lügen geglaubt hat.
Wie lange willst du dich noch mit dem Thema Colonia Dignidad beschäftigen?
Ich würde nach fast 50 Jahren Beschäftigung mit dem Thema am liebsten heute noch aufhören.

den Blog

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Der Colonia Dignidad Public History Blog (CDPHB) versteht sich als Plattform für Information, Netzwerk und Diskussion. Der Blog zur Geschichte der Colonia Dignidad möchte Forschung und die interessierte Öffentlichkeit näher zusammenbringen. Er entsteht begleitend zu der Dissertation von Meike Dreckmann-Nielen, im Rahmen derer sie die Erinnerungskultur/Geschichtskultur an die Colonia Dignidad untersucht. 

Mit dem Blog möchte Meike Dreckmann-Nielen einen Beitrag zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Geschichte der Colonia Dignidad leisten und Unterschiedliche Themenkomplexe werden im Rahmen von Interviews, Forschungseinblicken, aber auch im Rahmen von interdisziplinären Gastbeiträgen anderer Akteur*innen lesbar und auch diskutierbar. 

Gleichermaßen ist es ihr ein Anliegen, zur besseren Vernetzung der bereits zahlreichen aktiven Akteur*innen in der geschichtskulturellen Auseinandersetzung und denjenigen, die es noch werden möchten, beizutragen.

Deshalb werden hier aktive, erst beginnende und auch abgeschlossene Projekte und ihre Initiator*innen und Mitarbeiter*innen vorgestellt und wenn dies gewünscht ist, auch Kontaktmöglichkeiten zur Vernetzung angeboten. 

 

 

 

Zeitleiste

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(Diese Zeitleiste wird stetig erweitert und beinhaltet bei Weitem nicht alle zu erwähnenden Ereignisse in der Geschichte der Colonia Dignidad. Sollten Sie als Leser*in ein konkretes Ereignis dringend vermissen, schreiben Sie es gern an die Emailadresse info[@]publichistoryblog.com und dann werde ich es gegebenenfalls schneller ergänzen. 

1921 – Paul Schäfer wird in Bonn geboren.

1954 – Paul Schäfer lernt Hugo Baar kennen (Prediger der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde in Salzgitter-Bad)

1956 – Die Private Sociale Mission e.V. wird in Siegburg gegründet

1960 – Ein Jugendheim wird in Lohmar/Heide wird offiziell eingeweiht

1961 – Gegen Schäfer ermittelt die Staatsanwaltschaft Bonn strafrechtlich wegen sexuellen Kindesmissbrauchs an zwei Kindern  des Heims. Um sich diesen Ermittlungen zu entziehen, flieht er nach Chile. Dort kauft er zusammen mit Hermann Schmidt ein Stück Land im Süden Chiles. Auf diesem Grundstück gründet Schäfer nach chilenischem Privatrecht die „Sociedad Benefactora y Educacional Dignidad“. In den Jahren 1961/62/63 kamen fast 300 Menschen entweder mit Schiffen oder dem Flugzeug nach.

1966 – Wolfgang Müller (heute Kneese) flieht nach mehreren Versuchen aus der Colonia Dignidad. Seine Berichte sorgen erstmals für die mediale Berichterstattung über die Verhältnisse in der deutschen Gruppe in Chile.

1970 – In Chile wird Salvador Allende demokratisch zum ersten sozialistischen Präsidenten des Landes gewählt. Die Colonia Dignidad unterstützt währenddessen die rechtsextreme Terrororganisation „Patria y Libertad“ und hält deren Anführer auf ihrem Gelände versteckt.

1973 – Militärputsch in Chile. Diktator Augusto Pinochet kommt an die Macht und lässt Oppositionelle festnehmen, foltern und ermorden.

1974 – Der chilenische Militärdiktator Augusto Pinochet besucht die Colonia Dignidad.

1975 – Erick Zott und Adriana Borquez werden in Santiago und Talca verhaftet und zur Folter in die Colonia Dignidad gebracht.

1977 – Veröffentlichung der Broschüre „Colonia Dignidad – Deutsches Mustergut in Chile – ein Folterlager der DINA“ durch Amnesty International Deutschland und dem STERN. Colonia Dignidad klagt auf Unterlassung der in der Broschüre getroffenen Aussagen. Im selben Jahr berichtet ein ehemaliger Agent des chilenischen Geheimdienstes DINA, dass er in der Colonia Dignidad zum Foltern ausgebildet wurde.

1988 – Colonia Dignidad ändert ihren Namen zu Villa Baviera; „Not- und Interessengemeinschaft der Geschädigten der Colonia Dignidad“ gründet sich in Bonn

1996 – Chilenische Eltern werfen Paul Schäfer sexualisierte Gewalt an ihren Kindern vor. Ein Haftbefehl wird gegen Paul Schäfer erlassen. Außerdem werden die Ermittlungen gegen weitere Mitglieder der Colonia Dignidad aufgenommen und die Liste der Verfahren weitet sich aus. Unter anderem wird gegen Schäfer und andere auch wegen Steuerhinterziehung, Urkundenfälschung und Kindesentziehung ermittelt.

1997 – Paul Schäfer flieht nach Argentinien. Es gibt zahlreiche große Durchsuchungen des Geländes durch die chilenische Polizei. Ein Haftbefehl gegen Paul Schäfer wird vom Amtsgericht Siegburg erlassen. Im November des Jahres wird außerdem die Klage der Colonia Dignidad gegen Amnesty International zurückgewiesen, weil die Klägerinnen juristische nicht mehr bestehen.

1998 – Mehrere Führungsmitglieder der Colonia Dignidad werden festgenommen und später gegen Kaution wieder freigelassen.

1999 – Erneute Verhaftungen von Führungsmitgliedern und spätere Freilassungen gegen Kaution.

2005 – Die argentinische Polizei verhaftet Paul Schäfer und fünf weitere Mitglieder der Colonia Dignidad, Schäfer wird anschließend nach Chile ausgeliefert.

2010 – Paul Schäfer stirbt im Gefängnis in Santiago.

2011 – Hartmut Hopp flieht nach Krefeld, um sich der juristischen Verfolgung in Chile zu entziehen.

2016 – Der Spielfilm „Colonia Dignidad – Es gibt kein Zurück“ von Florian Gallenberger wird in den deutschen Kinos gezeigt. Im Juli reist Bundespräsident Joachim Gauck nach Chile und besucht die Villa Baviera. Im November reist eine Delegation deutscher Parlamentarier unter der Leitung von Renate Künast in die Villa Baviera.

2017 – Beschlussfassung im Bundestag: „Aufarbeitung der Verbrechen in der Colonia Dignidad“ (Bundestagsdrucksache 18/12943); im August beschließt das Landgericht Krefeld, dass das chilenische Urteil gegen Hartmut Hopp (5 Jahre und 1 Tag Gefängnis) in Deutschland umgesetzt werden kann; Hopp legt Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf ein und gewinnt 2018: Die Haftstrafe wird in Deutschland nicht umgesetzt.

Quellen (Auswahl):

  • Dieter Maier, Colonia Dignidad – Auf den Spuren eines deutschen Verbrechens in Chile, Stuttgart 2017.
  • Heike Rittel und Jürgen Karwelat, Lasst uns reden. Frauenprotokolle aus der Colonia Dignidad, Stuttgart 2018, 259-265.
  • Horst Rückert, Das Blendwerk – Vom Folterzentrum der Militärdiktatur zum Ferienort. Die Geschichte der Villa Baviera in Chile, Stuttgart 2017.

 

die Autorin

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Meike Dreckmann-Nielen hat am Arbeitsbereich Geschichtsdidaktik der Freien Universität Berlin zum Thema Colonia Dignidad promoviert. Ihre Doktorarbeit wurde im Frühjahr 2022 unter dem Titel „Die Colonia Dignidad zwischen Erinnern und Vergessen. Zur Erinnerungskultur in der ehemaligen Siedlungsgemeinschaft“ im Transcript-Verlag veröffentlicht. Darin untersucht die Wissenschaftlerin, wie sich einstige Mitglieder der Gruppe heute an ihre eigene Vergangenheit erinnern. In ihrer Studie ermöglicht Meike Dreckmann-Nielen einen intimen Einblick in komplexe erinnerungskulturelle Dynamiken im Mikrokosmos der ehemaligen Siedlungsgemeinschaft.

Neben ihrem Forschungsschwerpunkt der Erinnerungskultur/Geschichtskultur interessiert sie sich außerdem auch besonders für die Frauen- und Geschlechtergeschichte der Colonia Dignidad. Gefördert wurde ihr Dissertationsprojekt von der Heinrich Böll Stiftung.

Buchcover Meike Dreckmann-Nielen

Das Buch kann als OpenAccess-Publikation kostenlos digital abgerufen werden oder für 29€ als Print-Version u.a. direkt beim Verlag bestellt werden. 

 

Erstmals reiste Meike Dreckmann-Nielen im Frühjahr 2016 in die ehemalige Colonia Dignidad, als sie von ihren damaligen Kolleginnen im Museo de la Memoria y los Derechos Humanos in Santiago de Chile auf die deutsch-chilenische Geschichte der Colonia Dignidad aufmerksam gemacht wurde.

Im Mai 2019 kehrte sie von einem längeren Forschungsaufenthalt in diversen chilenischen Archiven und der heutigen Villa Baviera zurück. In Chile führte sie unter anderem Interviews mit Bewohner*innen und Ex-Bewohner*innen der ehemaligen Colonia Dignidad, Aktivist*innen, Politiker*innen, chilenischen Opfern und dem gegenwärtig noch aktiven Psychotherapeuten-Team.

In Lüneburg, Barcelona und Berlin studierte sie Angewandte Kulturwissenschaften, Wirtschaftspsychologie und Public History. Beruflich warMeike Dreckmann-Nielen unter anderem in einer Berliner Gedenkstätte und einer politischen Stiftung, den Goethe-Instituten Korea und Thailand, dem deutschen Generalkonsulat in New York, sowie in einem Berliner Start-Up tätig. Zuletzt war sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich Didaktik der Geschichte an der Freien Universität im Forschungsprojekt „Zug in die Freiheit„. Derzeit befindet sie sich in Elternzeit.